Potholes and Plotholes

Von KopfKino-Autorin Pia Recht


Während meines Irlandurlaubs letzten Monat, den ich wie fast immer in Sligo an der Westküste verbrachte, las ich im Vorbeigehen die Überschrift eines Artikels der örtlichen Zeitung und dachte: "Plotholes?"
Verfasste da jemand einen Artikel über das Schreiben? Würde ja passen, denn schließlich ist 2015 das Yeats-Jahr und wird in Sligo natürlich gebührend gefeiert. Aber auf den zweiten Blick war es dann doch nur ein Artikel über den Zustand der Straßen, und es ging lediglich um "Potholes": Schlaglöcher.


Ich schmunzelte zunächst über die Fähigkeit des Gehirns, das zu lesen, was es lesen will. Aber dann dachte ich eine Weile über die Gemeinsamkeiten von "Potholes" und "Plotholes" nach. Schlaglöcher und Skriptlöcher, oder auch Logiklöcher. Sieht man eine Geschichte als eine verwinkelte Straße, die einen mal durch einfaches, mal durch schwieriges Gelände bis zum Ziel führt, können Dir auf dieser Straße ja ebenfalls Schlaglöcher begegnen. Manchmal sieht man sie schon von Weitem, doch manchmal fährt man direkt hinein, und es schüttelt einen mächtig durch. Manche sind sogar so klein und unscheinbar, dass sie während der Fahrt überhaupt nicht auffallen, aber auf der Straße der Story-Logik sind das die tückischen.

Sligo Juli2015 1650 HDR HP
Ein schönes Beispiel kam mir auch sofort in den Sinn: In einem Spionage-U-Boot-Film diskutierten der Russe und der Amerikaner darüber, dass Lipizzaner sehr edle Pferde seien und ob sie aus Spanien oder Portugal kämen. Zum Schluss, nachdem sie dann doch gemeinsam die Welt vor einem atomaren Krieg gerettet hatten, sagt der Amerikaner: Und Lipizzaner kommen doch aus Spanien. Hmh, leider nein, die kommen aus Slowenien. Das hat mir den ganzen Film verdorben.

Im Grunde verzeihe ich kleinere Schlaglöcher in Geschichten und Filmen, wenn eine ansonsten gute Geschichte in der Lage war, sie zu überspielen. Dennoch bin ich immer bemüht, sie selbst zu vermeiden oder zumindest in der Korrekturphase meiner Bücher zu entdecken und zu reparieren. Was im Film zum Schmunzeln anregt, der berühmte römische Legionär mit Armbanduhr oder der Filmheld, dessen Krawatte magisch die Farbe wechselt, wenn er sich zur zweiten Kamera umdreht, holt den Leser, wenn er sowas liest, unsanft aus seinem emotionalen Tauchgang zurück an die Oberfläche eines nur mit Buchstaben bedruckten Blatt Papiers.

Wie oft lesen wir beim Korrigieren eines eigenen Manuskriptes über ein "Schagloch" hinweg, weil unser Gehirn unbedingt "Schlagloch" lesen WILL? Und wenn wir ganz konzentriert und langsam Wort für Wort prüfen und sezieren, übersehen wir womöglich, dass sich unser Romeo vor dem Schlafengehen den Pullover über den Kopf zieht, obwohl er doch den ganzen Abend ein Hemd getragen hat. Auf der Straße meiner Story versuche ich beides: auf Potholes zu achten und darauf, dass sie mit "L" geschrieben sind.
Frei nach Thomas A. Edison: "Schreiben ist 1% Inspiration und 99% Transpiration".

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